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Wildbad Kreuth

der kleine, aber feine Edelstein in den bayrischen Bergen


Die Geschichte von Wildbad Kreuth und seine Quelle "Zum Heiligen Kreuz" beginnt nach der Überlieferung so: Es war einmal ein Jäger, der auf der Suche nach einer waidwunden Hirschkuh die Wälder zwischen dem Weißachtal und dem Blauberg durchstreifte. Die Schweißspur führte ihn an den Fuß des Hohlensteins, wo ein armdicker Quell entsprang. Zu seinem Erstaunen sah er, daß das Tier im Wasser dieser Quelle Heilung suchte, nur geleitet von seinem Instinkt. Und dem Instinkt folgten dann auch die Hirten und Bauern aus dem Kreuther Winkl, um zu gesunden. Sie konnten nicht ahnen, daß das Wasser Spurenelemente aus den Sedimenten der Urmeere, vor allem Schwefel aus den Organismen der Kleinlebewesen, ans Licht trug. Sie glaubten an die heilende Kraft dieses Wassers und an den Beistand der Heiligen.

Kapelle zum Hl. Kreuz


Eine der ersten Beschreibungen dieser Quelle steht im "Neu-fortgesetzten Parnassus boicus und stammt aus dem Jahr 1736 "An dem hohen Alpen-Gebürg, dem berühmten Benedictiner-Kloster in Ober-Bairn Tegernsee gehörig, sprudelt fast unten an einem Berg, wo selbst einige Gold- und Silber-Mineren verborgen seyn sollen, aus einem Felsen heraus ein edler Eyss-kalter Gesundbrunnen von ausnehmender Würkung ..." Man wußte damals bereits, daß die Quelle Schwefel mit sich führte, deshalb hieß der Hohlenstein früher auch "Sulphur-stain". Die ersten Berichte über den Gesundbrunnen von Wildbad Kreuth, das im 19. Jahrhundert zu einem der führenden europäischen Heilbäder aufsteigen sollte, waren nicht gerade schmeichelhaft ausgefallen. So vermerkte die "Historico-topographica Descriptio das ist: Beschreibung desß Churfürsten-und Herzogthums Ober- und Niederbaiern usw." des Michael Wenig, unter Berufung auf das Manuskript eines unbekannten Tegernseer Mönches im Jahr 1701: "An einem wilden Orth ein Wildbad, welches Philippus Apianus und Philipp Fünk in ihren Mappis Bavariae anmercken, allwo das Wasser ganz frisch auss einem Felsen herabschießet, Schweffel und Salliter (Salpeter) mit sich führet, ist aber dises Wildbad wegen Rauche desß Orths, und Abgang der Accomodation (Bequemlichkeit) nit sonders berühmbt, wird auch meistentheils nur von den Bauersleuthen wegen offnen alten Schaeden und Lähme der Glieder gebraucht." Die Rauche desß Orths vermochte die Tegernseer Mönche dennoch nicht vom Bau eines Badhauses am Hohlenstein abzuhalten. Die älteste schriftliche Aufzeichnung, das "Wildbad innerhalb Kreut" betreffend, wird von Josef von Obernberg (Reisen durch das Königreich Bayern, München 1815) zitiert und besagt, daß Abt Heinrich V. Kitzner im Jahr 1511, kurz vor seinem Tod, "den Brunnen gebrauchte" und für 58 Pfund Pfennige und zwei Heller ein neues Badhaus errichten ließ, was wiederum den Schluß erlaubt, daß die Quelle mindestens schon im 15. Jahrhundert bekannt war. Sein Badmeister war Hansen Reiffenstuel aus Egern.

Sie erfreute sich eines so guten Rufes, daß sie auch die Konkurrenz der 1512 in Schwaighof entdeckten Quelle überstand, von der Michael Wenig berichtet: Neben dem, daß sehr vil Menschen durch dieses Wasser von allerhand Kranckheiten seynd erlediget worden, so daß man absonderlich observirt, daß wann eine silberne Müntz in diesen Brunnen geworffen worden, dieselbe ihre Weisse in Goldfarb verändert, und wie Gold erschinen; zu welchem Bad dann allerhand Presthaffte so häuffig zugelaufen und eingetrungen, daß sie eine schädliche Pästilenz verursacht haben, welche sehr vil Menschen hinweg gerissen, und dem Closter großen Schaden zugefügt hat, auf welches sich der Heylbrunn verlohren, und mittler Zeit öd gelassen worden ... König Max I. Joseph verhalf der Quelle, nachdem er die säkularisierte Benediktiner-Abtei Tegernsee zu seiner Sommerresidenz bestimmt hatte, noch einmal zu einer kurzen Renaissance: Im Jahr 1822 ließ er sie auf der Bergwiese unterhalb des Riedersteins neu fassen und das Wasser in hölzernen Röhren zu einem Marmorbrunnen an der Landstraße leiten. Aber auch diesmal stand kein guter Stern über diesem Vorhaben. Die Schwaighofquelle geriet zum zweiten Mal, und dies bis heute, in Vergessenheit.

Altes Bad mit neuem Badhaus

Die Quelle zum "Heiligen Kreuz" hingegen hatten die Tegernseer Klosterbrüder wie ein Geschenk Gottes gehütet. Im Jahr 1696 ließ Abt Bernhard Wenzel die kleine Badkapelle erbauen (Cappella ibidem in sylva et thermis Kreutensibus). Im Jahr 1706 wurde unter Abt Quirin das herrschaftliche Badhaus errichtet. Im darauf folgenden Jahr konnte die vergrößerte Kapelle eingeweiht werden, für die der Bischof von Freising einen Holzsplitter vom Kreuze Christi gestiftet hatte. Von nun an hieß die Quelle "Bad zum Heiligen Kreuz", vorher wurde sie "Bad Sankt Leonhard" (1490) genannt.

Der herrschaftliche Badmeister von St. Leonhard war eine repräsentationspflichtige und beim Volk in Ansehen stehende bekannte Persönlichkeit. Er war auch in früheren Jahren gehalten, den Kranken beizustehen und sie über den Kurgebrauch zu belehren. Er war es, der die fremden Gäste empfing, sie während ihres Aufenthaltes betreute, bewirtete und ihnen beim Abschied gute Heimreise wünschte. Mit einem Wort, er war Badekommissär, Gastwirt, Arzt und Apotheker, Kräutersammler und Ökonom - alles in einer Person. Die Wohnung der Badmeister wurde in den Jahren 1616 und 1627 ein Raub der Flammen. Das jetzt noch stehende Haus vermerkt der Wildbad Kreuther Badearzt J. F. Rosenmerkel in seiner "Beschreibung des Mineralbades z. Kreuth etc." (München, 1822), hat Johann Rixner im Jahr 1628 seine Wiederaufbauung zu verdanken. Diese sogenannte "Alte Bad" gleicht einem Tegernseer Bauernhaus, mit der angebauten Kapelle bildet es eine Baugruppe. Daneben steht ein weiteres Badhaus aus dem Jahr 1706, ebenfalls von Abt Quirin IV. Millon geschaffen. Am 31.1.1566 übernahm Michael Rixner als "Padtmeister" das Wildbad; der Name seiner Familie ist von da an, über sechs Generationen, bis zur Aufhebung der Abtei und der Zerschlagung des Klostergutes im Jahr 1803, mit Wildbad Kreuth verbunden. Eine Rixner-Urkunde aus dem Jahr 1595 finden wir im Staatsarchiv für Oberbayern. Sie regelt die Versorgung der Witwe des Michael Rixner. 1666 erscheint ein Sebastian Rixner als Badmeister, dieser wurde im Spanischen Erbfolgekrieg von Tiroler Soldaten überfallen, "die ihm die Lefzen und Ohren abrissen".

Als die kurfürstliche Aufhebungskommission unter Leitung des Kommissars Puck 1803 das Kloster unter den Hammer brachte - wurde auch Wildbad Kreuth verkauft. (Puck konnte nun seinen Haß auf die Klosterherren von Tegernsee voll ausleben - angeblich war er bei einem früheren Besuch in Tegernsee schlecht behandelt worden - und dementsprechend verschleuderte er auch deren Hab und Gut zu Niedrigstpreisen.) Es war jene barbarische, doch auch notwendige Zeit (über die Hälfte des bayrischen Landes war in Kloster- bzw. Kirchenhänden, die durch die Verstaatlichung der geistlichen Territorien zwar die Grundlagen des modernen Bayern schuf, aber doch unersetzliche Werte vernichtete - eine Zeit, die der Historiker Benno Hubensteiner so beurteilt: "Während man die Mönche mit schmalen Pensionen in die Welt hinausschickte, plünderte man ihre Kirchen und Klöster bis aufs letzte aus ... Liegenschaften und Baulichkeiten, Hausrat und Fahrnis, Vorrat und Vieh, Kelche, Meßgewänder, Bischofstäbe, Kirchenglocken, Grabmähler und Reliquienschreine. Das Massenangebot drückte die Preise und nicht der Staat machte das Geschäft, sondern der Grundstücksspekulant, der Händler, der schuftige Beamte, der nur in seine eigene Tasche wirtschaftete. Die Tegernseer Klostergebäude gehen für nichts (so Königin Caroline in einem wehmütigen Rückblick auf die Kaufverhandlungen) an Baron von Drechsel, ein schauckelndes, hüpfendes, mageres Männlein mit unmäßiger Eitelkeit und der Sucht, überall seine Glorie zu repräsentieren, gefeiert, besungen, angeblasen, beleuchtet, bedonnert, bekracht zu werden, so charakterisiert ihn Ritter von Lang; der ganze 25000 Gulden (1 Gulden = 2,10 Mark) auf den Tisch des Auktionators legt und nach Langs Rechnung innerhalb der nächsten Monate allein durch den Verkauf der Glocken, des abgedeckten Kupferdaches, der bleiernen Kanalleitungen, sowie der herausgerissenen Öfen, Herde und Schlösser den doppelten Betrag erlöst. Es muß das Geschäft seines Lebens gewesen sein, denn er läßt König Max I. Joseph, der die einstige Abtei zur Sommerresidenz der Wittelsbacher erheben will, teuer bezahlen: In den im Mai 1817 abgeschlossenen Kaufverhandlungen verlangt er 120000, nach anderen Quellen sogar 180000 Gulden. Dazu den Grafentitel. Aber dem König ist seine Liebe zu Tegernsee, und vor allem die seiner Frau, dieser Preis wert.

König Max mit Familie beim Richtfest in Wildbad Kreuth

Die erste Begegnung führt zurück ins Jahr 1815, als die königliche Familie einen Ausflug ins Gebirge und an den Tegernsee unternahm. Man kehrt im Gut Kaltenbrunn ein in Begleitung der Familie des Barons von Drechsel, dem Besitzer der ehemaligen Abtei. Während der König nach Tölz weiterreist, besucht die Königin Caroline Tegernsee. Darüber schreibt sie an ihre Mutter am 29. August 1815: "Wenn wir es vor dreizehn Jahren gesehen hätten, als alles schon für diesen Ausflug vorbereitet war, und ich tags zuvor nicht gefährlich erkrankt wäre, hätte es der König wahrscheinlich erhalten. So aber ist diese Abtei, man kann sagen, für nichts verkauft worden. Der König bereut es extrement. Er hat den Besitzer sondieren wollen, ob er es verkaufen würde, doch will dieser davon nichts hören. Das ist verständlich, da er reich ist. Ich gestehe, daß ich von dieser Acquisition entzückt gewesen wäre. Baron Drechsel war zu jener Zeit Generalkommissär des Rezatkreises in Ansbach. Damit war die Königin Caroline, wenn auch spät, doch nicht zu spät, zu dieser "Acquisition" gekommen. Das Klostergut Kaltenbrunn erwirbt der Warngauer Jägerbauer Max Aigner, der diesen Besitz später gleichfalls an den König verkauft. Wildbad Kreuth wird von dem Kreuther Landwirt Melchior Zahler ersteigert. Zahler war bei Gott kein Spekulant, sondern ein aufrechter Landwirt, dem Viehzucht und Landwirtschaft über alles gingen; am Badebetrieb lag ihm wenig.

Der Kalender für katholische Christen auf das Jahr 1853 Sulzbach) beschreibt das Schicksal des Gesundbrunnens so: "Wenn es schon vorher den Besuchern des Bades an Bequemlichkeit und erwünschter Bewirtung daselbst gebrach, so war dies jetzt noch weit mehr der Fall. Die ankommenden Fremden fanden nur ärmlich eingerichtete Gemächer mit geringer Bedienung und mußten sich einem mühseligen Aufenthalte in dem dortigen Gebirgswinkel ergeben. Bei diesen nothdürftigen Anstalten erhielt sich noch immer das Bad durch die Vortrefflichkeit der Quelle, - ein Beweis, wie sehr dieselbe so manchen Hülfesuchenden zusagte. Endlich wurde es auf einmal vom gänzlichen Verfall gerettet. Im Jahr 1817 ging sein Glücksstern auf in Bayerns allgeliebtem Könige Maximilian Joseph ..." Ein gütiger Zufall hatte den Monarchen im Jahr 1817 in das verwahrloste Wildbad Kreuth geführt. Und beim Anblick des kleinen Gotteshauses und der Quelle sprach er die historischen, für die Geschichte des Kreuther Tales so entscheidende Worte: "Ich thue in Tegernsee so viel für mein Vergnügen, ich will auch hier etwas für die leidende Menschheit thun!"

Wildbad Kreuth

Für einen Privatmann - meint der Münchner Historiker Karl Spengler in seinem Buch "Die Wittelsbacher am Tegernsee" - wäre die Erneuerung eines herunter gekommenen Bades mit einem nicht geringen Risiko verbunden gewesen. Es mußte sich verringern bei einem Unternehmer, der König ist und allein in seiner Person für ein solches Vorhaben Aufmerksamkeit erweckt, die dem Privatmann kaum zuteil wird. Ein Glücksumstand kam hinzu: Das Gebirge, vor noch nicht langer Zeit als menschenfeindlich und abweisend empfunden, hatte seine Schrecken verloren, der Sinn für die Schönheit der Berge und der Natur ganz allgemein war erwacht. Die Vorzeichen für eine glückliche Wiederbelebung des Badebetriebs waren demnach gut. Ein Jahr nach seiner Erwerbung des Schlosses Tegernsee schon kaufte der König einen Teil des alten Anwesens und erbaute gegenüber ein neues Badehaus, das im Jahr 1820 vollendet war. Ein eigener Badearzt wurde bestellt, in der Glashütte eine Benefiziatenstelle gestiftet mit der Auflage an den Priester, in den sechs Monaten des Fremdensommers in der Heilig-Kreuzkapelle neben dem alten Badhaus die Messe zu esen und die seelsorgerische Betreuung der Badegäste zu übernehmen. Der Bau eines zweiten Wohn- und Badehauses in Verbindung mit dem Altbau schloß sich 1824 an, der durch den wachsenden Zuspruch notwendig geworden ist.

König Max I. und Königin Caroline von Bayern

Nach dem Tod des Königs im Jahr 1825 nahm sich Königin Caroline der Gründung im Sinne des Stifters an. Mit 216 Betten in 115 Zimmern "von geschmackvollsten bis herab zu den gewöhnlichen Erfordernissen der Wohnungen der Landleute", wie sie ein Schilderer vom Jahr 1829 mitteilt, dazu über siebzig Wannen in den Badezimmern, vielen Nebeneinrichtungen, die hier gar nicht alle aufzuzählen sind - das Wildbad Kreuth konnte sich auch in den Augen der Anspruchsvollen sehen lassen. Privatleute fühlten sich angesprochen von der Gründung des Unternehmens, wie etwa der Augsburger Bankier Baron von Schätzler, der einen alljährlichen Zuschuß von 100 Kronentalern beisteuerte, aus weiteren Beträgen flossen bis 1828 mehr als 6000 Gulden nach Bad Kreuth. Noch im Jahr vor seinem Tod hatte der König 1824 die ansehnliche Summe von 50000 Gulden bereitgestellt, dazu bestimmt, auch unbemittelten Kranken eine Kur zu ermöglichen.

Was waren das für Kuren? Grundlage waren vor allem die Molke und Kräutersäfte. Von den großen Ziegenherden, die auf der Königs- und Geißalm unterhalten worden sind, wurde die warme Molke täglich bis sechs Uhr früh in die Kuranstalt geliefert und ausgeschenkt, eine Therapie, die nach dem Beispiel von Gais in der Schweiz wie von Rifi-Kaltbad übernommen wurde. Das Register der Anwendungsmöglichkeiten ist so umfangreich, daß es hier gar nicht aufgezählt werden kann. Täglich um 10 Uhr wurden ferner ausgepreßte Pflanzensäfte aus Bergkräutern ausgeschenkt, deren Wirkung wir Heutigen erst so richtig wieder schätzen gelernt haben. Dazu kamen Sole- und Dampfbäder, wie überhaupt die heilsame Wirkung des Wassers, lange vor Pfarrer Kneipp, in Bad Kreuth praktiziert worden ist. Im Mittelpunkt aller ärztlicher Bemühungen stand aber immer, Kräutersäfte hin, Ziegenmolke her, die Quelle "Zum Heiligen Kreuz", deren erste Analyse aus dem 16. Jahrhundert stammen dürfte. "Die Haupt-Contena derselben", schrieb, laut Carl Philip Krämer, der Mönch Augustin Lehner, "bestehen in Schwefel, Vitriol, Alaun, Bergsaft etc". In einer anderen Quelle heißt es: "So man Linsen und dergleichen, darinnen siedet, kommen sie steinhart heraus ..." Da die Mineralquellen heilkräftige Wirkungen gegen Krankheiten wie Gicht, Rheumatismus und Leberleiden haben, kamen die Kranken aus ganz Europa.

Im Gegensatz zu anderen Schwefelquellen riecht der Gesundbrunnen am Hohlenstein nicht nach faulen Eiern, sondern ist "der Qualität nach, wenn man sich dem Wasserspiegel der Quelle nähert, ein gemischter: ein prickelndsäuerlicher, und ein leichter dem Geruche des Schießpulver ähnlicher, welchen letzteren man besonders dann und viel stärker wahrnimmt, wenn man das Wasser schüttelt ..." (Krämer). Die Wassertemperatur bleibt unabhängig von Witterung und Jahreszeit gleich; sie beträgt, nach zeitgenössischen Messungen, stets neun Grad Reaumur, während die unmittelbar benachbarten Quellen fünf Grad aufweisen. Wird das Quellwasser "Zum Heiligen Kreuz" gekocht, setzt sich auf den Boden des Gefäßes ein gelblicher Sand ab, der sich bei wiederholtem Erhitzen zu einer gelblich-grauen Steinkruste (Pfannenstein) verdickt. Vom "Badschlamme", lobt der "Kalender für katholische Christen" im Jahr 1853, "wird erwähnt, daß er als Pflaster auf Wunden gelegt, diese in kurzer Zeit heile."

Die Quelle "Zum Heiligen Kreuz" war aber nicht der einzige Gesundbrunnen, der den Kreuther Badegästen das Leben verlängern sollte - und oft ging es um Leben oder Tod, wie die Inschrift eines Grabsteines bestätigt, den König Max I. Joseph auf dem Kreuther Friedhof einem Offizier errichten ließ: "Jakob von Wolf, kgl. bayer. Major der Cavalerie etc., den tapferen Krieger, der in mancher heißen Schlacht für seines Vaterlandes Ruhm geblutet und auf der Reise nach dem Bade Kreit plötzlich vom Tode überrascht wurde, der in blutigen Feldzügen seiner schonte ..." Auch das Wasser der Schwaighofquelle, in Bottiche oder Flaschen abgefüllt, wurde in Wildbad Kreuth verabreicht, ebenso das Wasser der entlegenen "Stinkergraben"-Quelle zwischen Söllbach und Hirschtalsattel, die ihren Namen dem intensiven Geruch nach faulen Eiern verdankt. Auch sie war von der Kreuther Badedirektion gefaßt worden - Reste der versteinerten Holzröhren sind heute noch im Bachbett zu sehen - und in Flaschen zur Kur im Wildbad oder zum Versand abgefüllt worden. Als vierte Heilquelle wird in der zeitgenössischen Literatur die Quelle am Fuß des Gernberges erwähnt, die sich durch einen hohen Gehalt an Kohlensäure und Eisen auszeichnet - wie sich noch heute zeigt, wenn man mit offenen Augen durch das Tal der Hofbauern-Weißach nach Siebenhütten wandert. Gemessen an der Summe der festen Bestandteile, die nach dem Sieden und Verdampfen des Quellwassers zurückbleiben, dürfte von allen vier aufgeführten Heilbrunnen die Quelle im Stinkergraben das stärkste Interesse der Balneologen verdienen, wie aus einer von Carl Philip Krämer veröffentlichten, vergleichenden Analyse hervorgeht.

Die königlichen und herzoglichen Besitzer von Wildbad Kreuth

Am 12. Oktober 1825 stirbt König Max I. Joseph im Schloß Nymphenburg. In seinem Nachlaß verfügt er daß seine Frau Caroline die Rechtsnachfolge im Schloß Tegernsee und seiner Liegenschaften, dazu gehört auch Bad Kreuth, antritt. Am 13. November 1841 ist die Königinwitwe Caroline gestorben. Im Nachlaßverzeichnis vom 11. März 1842 finden sich einige interessante Zahlen über die Vorräte, die in den wirtschaftlichen Unternehmungen des Hofes inventarisiert worden sind. Das Bräuhaus Tegernsee hatte mit 26795 Gulden Biervorrat den Löwenanteil. Der Ausstoß betrug im Sudjahr 1842/43 11070 Eimer, was etwa 664,2 Hektolitern entspricht. Bad Kreuth weist, vornehmlich an Weinen, einen Be stand im Wert von 856 Gulden, der Marmorbruch bei Schärfen ein Lager von 2753 Gulden und 45 Kreuzern an bearbeiteten Stücken auf. Gut Kaltenbrunns Käselager wird mit einem Wert von 338 Gulden angegeben. Mit 8 Gulden und 54 Kreuzern an Außenständen ergibt sich ein Gesamtwert von 38797 Gulden und 39 Kreuzern.

Mit dem Tod der Königin war eine Epoche zu Ende gegangen. Die Kindheit und Jugend der badischen Prinzessin waren erfüllt vom Lärm der Napoleonischen Kriege, acht Kindern hatte sie das Leben geschenkt, von denen noch fünf ihr das Grabgeleite gaben, die schönere Hälfte ihres Daseins aber gehörte Tegernsee. Sie hatte noch die Freude, ihren Enkel Otto als König von Griechenland kurz nach seiner Vermählung mit der oldenburgischen Prinzessin Amalie im Tegernseer Schloß zu empfangen. Caroline hatte die Gabe ihre Familie zusammenzuhalten. Wenn die Königinwitwe rief, kamen alle, auch die Stiefkinder. König Max hatte noch vier Kinder aus seiner ersten Ehe mit Auguste Wilhelmine von Hessen-Darmstadt. Caroline rief, und alle kamen; und sie kamen gern und freiwillig. Gerade zu ihren Stiefkindern hatte sie ein sehr gutes Verhältnis. Sie vermachte Tegernsee ihrem Stiefsohn Prinz Carl.

Die Daten des Prinzen stehen in den bayrischen Geschichtsbüchern; es gibt aber einen anderen Prinz Carl, von dem die Historie wenig berichtet, weil sich sein Wesen nicht im Donner der Kanonen oder in der Förderung ziviler Hochleistungen entfaltete. Prinz Carl zählt zu den Reichsten im Lande. Mit der Thronbesteigung seines Bruders Ludwig kommt er in den Genuß der sogenannten "Klementinischen Sekundogenitur", die die "bayrische Patriotin" Maria Anna durch diese reiche Familienstiftung zugunsten des zweitgeborenen Prinzen errichtet hat. Der königliche Bruder Ludwig frotzelt ihn darum gelegentlich scherzhaft, indem er sich den armen König, seinen Bruder aber den reichen Prinzen nennt. Carl aber betrachtet seinen Reichtum wie ein Lehen, das er für "seine große Familie", die Armen, fruchtbringend wirken lassen will. Das Hungerjahr 1817 hat sich ihm, wie verbürgt ist, mit der Nachhaltigkeit eines Elementarereignisses eingeprägt. Wie ein verpflichtendes Erbe scheint ihm die Gebefreudigkeit seines Vaters Max, deren Zeuge er durch zwanzig Jahre war, zugefallen zu sein. "Nie lag der Reichtum je in besseren Händen", bemerkt ein ihm nahestehender Zeitgenosse.

Nun ist er 1841 auch noch Herr von Tegernsee und aller dazugehörigen Besitzungen geworden. Somit auch der Herr von Bad Kreuth. Er erhöhte als erstes die Freiplätze auf einundfünfzig. Kümmerte sich um alles und jeden. Er liebte die Natur, die Wälder vor allem, durch die er Spazierwege anlegen ließ. Heute würde man ihn wohl als den ersten Grünen bezeichnen. So manchen der Axt verfallenen Baum hat er durch Ankauf gerettet. Als der Telegraph auch im Tegernseer Tal Einzug hielt, ließ er die Leitung unterirdisch verlegen, damit die Gegend nicht durch hohe Masten verschandelt wird. Am 15. August 1875 hatte er einen tödlichen Reitunfall in Schwaighof (heute Tegernsee Süd), dort steht auch heute noch die Prinz Carl-Kapelle zu seinem Gedenken. So ist sein Wunsch in Erfüllung gegangen: Er würde es als das größte Glück betrachten, wenn er in den Himmel hineinreiten könnte. Sein Testament bringt er wie eine Ernte seines Lebens ein. Seine sämtlichen Bediensteten sollen ihr Gehalt als lebenslängliche Pension beziehen, den Adjutanten und besonders verdienten Beamten werden darüber hinaus noch ansehnliche Dotationen ausgesetzt. Den fünf Millionen Mark, die bei Lebzeiten für wohltätige Zwecke aus seiner Hand geflossen sind, fügt er nun nicht weniger als 27 Stiftungen hinzu. An alle hat er gedacht: An die Militär-Invaliden, die Witwen und Waisen, die Krankenhäuser von Starnberg und Tegernsee, das Waisenhaus in München, die Kleinkinderanstalten in München, der Au, Haidhausen und Giesing, an die Blinden, die Taubstummen, die Krüppelhaften, die armen Wöchnerinnen, die Augenkranken, Unheilbaren und Kretinen, die Witwen und Waisen der Ärzte, die Pfründner der Nockherschen Anstalt, die entlassenen Sträflinge. Dazu sollen den Hilfskassen der acht bayrischen Kreise je 20000 Gulden zufließen, alles zusammengenommen 620000 Gulden, nach dem damaligen Umrechnungskurs 1054000 Mark.

Die Tegernseer Besitzungen fielen nach dem Tod von Prinz Carl an dessen Lieblingsschwester Ludovika mit dem Wunsch, daß der Gesamtbesitz künftig an ihren Sohn Carl Theodor, den Neffen Carls, übergehen sollte. Noch bei Lebzeiten überließ sie die Tegernseer Herrschaft ihrem Sohn. Herzog Carl Theodor in Bayern war selbst Doctor medicinae, ein sehr bekannter Augenarzt und gesuchter Staroperateur. Das erstaunliche Geschick, das er bei operativen Eingriffen, bei Heilbehandlungen und in der Geburtshilfe bewies, erweitert von Woche zu Woche den Kreis seiner Privatpatienten, besonders der armen Bevölkerung. Das Distriktkrankenhaus in Tegernsee und die Gemeinden nehmen seine Hilfe immer mehr in Anspruch, dreißig Patienten hat er täglich im Krankenhaus zu versorgen. Im Jahr 1881 wird ein Neubau des Krankenhauses zwingend. Eine Stiftung des kaiserlichen Schwagers Franz Joseph wendet er zum guten Teil der kostenlosen Behandlung unbemittelter Kranker zu. Die Verbindung mit dem Wiener Hof ist ja recht lebhaft. Am 16. August 1888 wird die Abteilung für Staroperationen in Tegernsee eröffnet, im Juli 1889 wird bereits die tausendste Staroperation Carl Theodors gefeiert. Zu Neujahr 1896 wird die Münchner Augenklinik "Carl Theodor" eröffnet, da Tegernsee längst dem Zuspruch der Patienten nicht mehr genügt. Rund 800 stationäre und etwa 5000 ambulante Kranke werden in der Folge jährlich in der Münchner Klinik behandelt. Diese Klinik besteht heute noch, ebenso die Stiftung zur Behandlung Unbemittelter (heut sind es meist Personen aus der Dritten Welt, die die Stiftung in Anspruch nehmen).

Den Sommer verbringt der Herzog aus gesundheitlichen Gründen (bei seiner Ausbildung zog er sich eine Gelbsucht zu) in Meran; doch dieser Aufenthalt dient nicht der Erholung sondern den Südtiroler Augenkranken, im Jahr 1885 sind es 2000 Konsultationen, im folgenden Jahr 4000. In den Zeitungen, ja von den Kanzeln herunter wird jedesmal seine Ankunft verkündet. Zur Seite steht ihm als Assistentin und guter Engel der Patienten seine Frau Herzogin Marie José. Neben Tegernsee, München und Meran gibt es aber auch noch Wildbad Kreuth. Das er trotz seiner vielen Arbeit (er hatte auch offizielle Aufgaben als Mitglied des bayrischen Königshauses zu erledigen) nicht vernachlässigte. Am 7. Oktober 1909 fährt Carl Theodor mit Gattin auf die Jagd in die Langenau. Beide hatten Jagdglück. Während der Rückkehr ist der Herzog recht einsilbig, abends befällt ihn starker Schüttelfrost. Winterstürme toben rings um Bad Kreuth, Wege und Stege sind meterhoch verschneit. "Unausdenkbar, wenn ich nicht mehr arbeiten könnte", klagt der Kranke, als er noch einmal das Bett verläßt und zur Kapelle neben dem alten Badhaus hinüberblickt. Doch am 30. November 1909 muß er das Skalpell aus der Hand legen.

Zwei Tage nach seinem Hinscheiden wird der Tote ausgesegnet. "Jäger in ihrer Uniform tragen ihren Jagdherrn die Treppe des Kurhauses hinab, gefolgt von der Geistlichkeit und den nächsten Angehörigen. Auf einen mit Tannen ausgeschlagenen Schlitten wird der Sarg gesetzt, vier Schimmel sind vorgespannt. Voraus wird das Leibpferd des Herzogs unterm leeren Sattel geführt. Mit dem Rücken zum Sarg nehmen der Kammerdiener Wild und der Leibjäger Platz mit flackernden Flambeaus in den Händen." Im Marmorsaal von Schloß Tegernsee wird der Tote in der Uniform seines bayrischen Chevaulegers-Regiments aufgebahrt. In aller Stille, wie er es gewünscht hatte, setzt man Carl Theodor in der Tegernseer Gruft bei. Nur die nächsten Angehörigen geben ihm das Geleit. (Quelle: Richard Sexau "Fürst und Arzt", Dr. med. Herzog Carl Theodor in Bayern)

Sein Nachfolger wird sein Sohn Herzog Ludwig Wilhelm, der am 17. Januar 1884 in Schloß Tegernsee zur Welt kam. Ludwig Wilhelm studiert in Zürich und München wie sein Vater Medizin, ohne daß er später den Arztberuf ausgeübt hätte. Sein bevorzugtes Metier war die Landwirtschaft und die Jagd, vor allem aber Wildbad Kreuth. Er war der erste Wittelsbacher, der seinen Wohnsitz ganz nach Kreuth verlegte und zwar auf die Schanz.

Als Wittelsbacher war der Herzog im Dritten Reich kein gern gesehener Bürger. Vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges unternahm er eine Studienreise nach Kanada, um die dortigen landwirtschaftlichen Verhältnisse kennen zulernen. Der Kriegsausbruch verhinderte seine Rückkehr. Damit war die Begründung für einen Zugriff gefunden: Böswilliges Verlassen Deutschlands. Die Beschlagnahme aller Liegenschaften stand nun nichts mehr im Wege - scheinbar. Außer der Gestapo gab es noch andere Gewalten, denen Rechtlichkeit noch nicht zum leeren Wort geworden war. Das Oberfinanzpräsidium war mit von der Partie und konnte nicht übergangen werden. Es übernahm als oberste Finanzbehörde den gesamten Besitz und hielt ihn bis zum Kriegsende in pfleglicher Obhut. Ein Glücksfall, trotz allem. Abgeschnitten von der Heimat, lebte der Herzog in diesen Jahren der Ungewißheit, ohne Möglichkeit der Mitteilung und der finanziellen Hilfe in Kanada. Zeitlebens ein Praktiker der Landwirtschaft beriet er als Experte Farmbesitzer, kaufte heruntergewirtschaftete Güter auf, brachte sie in die Höhe und verkaufte sie mit Gewinn wieder. In zwei Weltreisen, in Friedenszeiten unternommen, hatte er Erfahrungen gesammelt, seine Sprachkenntnisse in Englisch, Französisch und Italienisch ließen ihn alle Schwierigkeiten der Verständigung überbrücken. Seine Frau Herzogin Eleonore trug zum Lebensunterhalt als Malerin bei. Im Jahr 1946 kehrten sie in die Heimat zurück. Bad Kreuth wurde während des Krieges für die Kinderlandverschickung verwendet. 1944 kam die SS. Im Frühjahr 1945 wollten diese Herrenmenschen die Amerikaner von Bad Kreuth aus aufhalten und schossen gegen Rottach hinaus, die Amerikaner schossen mit Artillerie herein. Die letzten zwei Schüsse wurden am 5. Mai 1945 am Abend um 18 Uhr gefeuert, dabei ist das Sudhaus getroffen und eingeäschert worden.

Ludwig Wilhelm gab nicht auf. 1956/57 renovierte er das Wildbad und gestaltete es mit allen medizinischen Einrichtungen zu einem erstrangigen Sanatorium um. Dazu gibt es eine nette Anekdote: Der Herzog bedankte sich am 3. April 1956 für eine erwiesene Gefälligkeit und setzte hinzu: "Sofort nach Eröffnung des Bades (Wildbad Kreuth) werden wir, um unserer Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen, Ihnen je nach Wahl entweder eine Bindegewebsmassage von 20 Minuten oder ein Glühlichtbad zur Erleuchtung des Kopfes verabreichen. Hierüber erbitten wir noch Ihre näheren Wünsche. Herzog Ludwig Wilhelm starb am 5. November 1968 in Wildbad Kreuth. Er wurde wie sein Vater mit Roß und Wagen nach Tegernsee überführt und dort beigesetzt.

Seine Nachfolge trat sein Großneffe und Adoptivsohn Herzog Max Emanuel in Bayern an. Im Jahr 1973 wurde der Badebetrieb eingestellt. Dies war das Ende des fünfhundertjährigen Wildbades. Herzog Max verpachtete 1974 die Gebäude an die Hanns-Seidel-Stiftung. Diese baute die Räumlichkeiten um, von da an diente das ehemalige Wildbad Kreuth als leistungsfähiges und weltoffenes Bildungszentrum der Hanns-Seidel-Stiftung. Der wunderschöne Festsaal eröffnet die Möglichkeit, Großveranstaltungen mit bis zu 450 Gästen (aus feuerpolizeilichen Gründen nur mehr 300) durchzuführen. In diesem Saal findet seit 1990 das jährliche "Internationale Oleg Kagan Musikfest", in der ersten Julihälfte statt. 2016 wurde der Pachtvertrag mit der Stiftung aufgelöst.

König Max Denkmal in Wildbad Kreuth

Bad Kreuth ist auch heute noch die Idylle und die Ausrast von einst, schreibt Karl Spengler. Die Kapelle, daneben das alte Badhaus sind unverändert auf uns gekommen wie nur wenige Winkel im Gebirge. Ist das nicht viel, ja alles, in einer Zeit, die beinahe jeden Kieselstein umdreht, jeden Moosfleck aufschürft, jeden Grashalm taxiert, ob man sie etwa dem Geschäft "erschließen" kann, dem Profit? Der König, der diesen Winkel entdeckte, dachte wohl auch an Nutzen, an einem Gewinn freilich, der nicht auf Gulden und Mark gezielt war. So ist wohl auch der Sinn des Denkmals zu begreifen, das am 13. Juli 1828 dem Geburtstag der Königinwitwe Caroline, unweit von Bad Kreuth, auf dem Weg zur Siebenhütten, über einer Quelle errichtet worden ist nach einem Entwurf von Jean Baptiste Métevier und dem Erzguß der Büste des Königs in der Nische von Johann Baptist Stiglmaier.

Die Inschrift ist ebenso dem Gefühlsüberschwang der Zeit als der wahren Überzeugung der Zeitgenossen zuzuschreiben. Sie lautet:

Rein und segensreich
wie diese Quelle
war sein Leben.