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Zarenbesuch in Kreuth 1838


Nikolaus I. Zar aller Reußen hatte mehrere Kinder, sein Liebling war Großfürstin Maria, genannt Mary. Um sie bei sich zu behalten brauchte er einen Mann, der zwar standesgemäß aber kein Kronprinz oder sonstwie im eigenen Land unentbehrlich war.

Zu den weltberühmten Schaumanövern in der Stadt Wosnessensky am Bug war Max Herzog von Leuchtenberg, Fürst zu Eichstätt, Oberst des kgl. Bayrischen Chevauxlegers-Regiments der Abgesandte des Königreichs Bayern.

Das war der Mann den der Zar brauchte: jung, gut aussehend, vornehmes Wesen, elegante Manieren, vollendete Erziehung, anziehendes Benehmen, aus gutem Haus (seine Mutter war Auguste Prinzessin von Bayern, eine Tochter König Max I. Joseph; sein Vater Eugène de Beauharnais Stiefsohn Napoleon I.).

Der Winter 1837/38 war für das Zarenpaar nach dem Brand im Winterpalais sehr anstrengend gewesen. Der deutsche Hausarzt Dr. Mandt stellte den gesundheitlichen Zustand der Zarin als äußerst gefährlich hin und verordnete vom Frühling bis zum Herbst eine Badekur. Die Wahl fiel auf Salzbrunn in Schlesien und Bad Kreuth.

Der Zar traf im Juli mit dem Kaiser von Österreich in Teplitz zusammen und begab sich anschließend nach München und Bad Kreuth, wo die Zarin offiziell zur Nachkur weilte, inoffiziell, um die Heirat ihrer Tochter mit Max anzubahnen. Die Zarin Alexandra war am 23. Juli 1838 auf dem Weg von Teplitz nach Kreuth in München eingetroffen. Das bayrische Königspaar machte ihr in München, die verwitwete Königin Caroline in Kreuth und Tegernsee ihre Honneurs.

In Tegernsee war wieder das alljährliche Familientreffen angesagt. Die Anwesenheit des Zarenpaares in Kreuth gab diesem diesmal eine besondere Note. Es waren nun drei Kaiserinnen am Tegernsee vereinigt, die russische, die österreichische und die brasilianische. Nun begannen die Honneurs.

Anfang August erwartete man feierlich gekleidet die Zarin in Tegernsee, diese ließ aber sagen, daß sie bei dem schönen Wetter zur Jause nach Kaltenbrunn käme. Am nächsten Tag erschien die Zarin unangesagt und formlos zum Gegenbesuch in Tegernsee. Als sie auf ihre Frage, wann Max käme, erfuhr, daß dies schon am nächsten Morgen der Fall sei, lud sie gleich die Familie Leuchtenberg zum Familienfrühstück nach Kreuth ein. Dort war nur noch das preußische Kronprinzenpaar dabei, Friedrich Wilhelm, Bruder der Zarin, und Elise, Halbschwester von Auguste. Kosaken servierten, und die Stimmung war glänzend.

Am Sonntag darauf erschien völlig überraschend der Zar in Kreuth. Im kleinen Tegernsee hatten aber die durchfahrenden Wagen schon Aufsehen erregt. Der Posthalter meldete im Schloß, der Kaiser sei bei ihm in einen zufällig dastehenden Wagen umgestiegen und weitergefahren, um die Kaiserin zu überraschen. Prinzessin Theodolinde  (Schwester von Max) schreibt in ihrem Tagebuch über den Zaren: „ Ein herrlicher Mann. Seine Haltung ist vornehm, imposant... Sein Ausdruck gefällt mir. Er hat nie eine andere Frau geliebt als die seine. Welcher Mann kann mit gutem Gewissen dasselbe sagen?... Die Diplomaten sind erregt. Jeder schaut, fragt, kommentiert und glaubt viel zu wissen.“ König Ludwig I. schreibt: „Er habe in München einen guten Eindruck hinterlassen, aber für einen Herrscher von Bayern hätte er das Äußere nicht. Die Bayern wollen ein Gemütliches, Heiteres.“ Die Zarin fand der König „ist das Gegenteil von schön, aber besonders herzlich im Umgang“.

Am nächsten Abend wurden in Tegernsee den Russen zu Ehren zwei Schwänke in einem Akt aufgeführt. Theodolinde fand die Probe ausgezeichnet, aber bei der Vorstellung seien die hohen Herrschaften in ihrer Pracht so steif dagesessen, daß man sich nicht zu applaudieren traute, was die Darsteller hemmte. Am nächsten Morgen reiste der Zar für ein paar Tage nach München. Die Zarin veranstaltete ein Volksfest in Kreuth mit Scheibenschießen um wertvolle Preise.

Wenige Tage später kam das bayrische Königspaar und Erzherzogin Sophie, ebenfalls eine Schwester von Auguste und Ludwig I., mit ihrem Mann Franz Karl. König Ludwig zählte, ohne die Kinder mitzurechnen, bei Tafel achtzehn Verwandte und registrierte, dieses Essen habe zwei geschlagene Stunden gedauert. Gleich darauf Umziehen und Fahrt zum Bauern in der Au. Am 21. waren die Leuchtenberg wieder Gäste in Kreuth, diesmal mit dem Erzherzogpaar.

Hinter den Kulissen liefen die Verhandlungen. Der Zar verlangte, die kommenden Kinder müssen in der griechischen Religion erzogen und der Wohnsitz nach Rußland verlegt werden. Die Mutter und Vormünderin, sowie der Haushofmeister der Leuchtenbergs, Graf Maurice Méjan, verhandelten hart. Aber der Zar erklärte rundwegs, wegen der Bevorzugung von Max werde er schon kritisiert. Sobald die Russen erführen, daß seine Tochter einem Prinzen gegeben würde, dessen Vater gegen sie gekämpft hatte, würden sie dagegen sein. Er habe aber nur das Glück der beiden im Auge. Die Hochzeit sollte im Frühjahr sein. Max und seine Kinder würden Russen werden. Die Mutter zerbrach sich den Kopf, was der Zar mit ihrem Sohn eigentlich vorhabe und warum er ihn so anketten wolle.

Nach dem Essen fuhr man zu einem Bauernball wieder nach Kreuth. Er war lustig. Am nächsten Morgen kam der Zar nach Tegernsee um sich zu verabschieden. Er kehrte noch einmal um, um die Erzherzogin Sophie nach Kreuth mitzunehmen. Max war schon zum Essen in Kreuth und wurde morgens um eins von seinem künftigen Schwiegervater nach München mitgenommen.

Inzwischen sorgte die Königin Caroline in Tegernsee für Unterhaltung der russischen Damen. Am 1. September verließ die Zarin Bad Kreuth.

Zum Abschluß dieses denkwürdigen Festsommers in Tegernsee Auszüge aus einer portugiesischen Beschreibung des Marquis de Rezende an seinen gerade in London weilenden Freund Almeida. Er habe viel versäumt, daß er nicht bei dieser ununterbrochenen, eleganten Folge von Tanzereien, Komödien, lebenden Bildern, Promenaden und Banketten dabei war. Stellen Sie sich ein Kloster vor, in dem außer den Laien 250 Mönche Platz hatten ... und statt dieser Patres eine Versammlung von gekrönten Häuptern, Prinzen und Prinzessinnen von fast allen deutschen Staaten mit ihren Suiten, Oberhofmeistern und Oberhofmeisterinnen, Hofdamen, Kämmerern, Adjutanten, hohen und mittleren Diplomaten, katholische Kapläne, protestantische Kapläne, griechische Kapläne ... eine Unmenge Politiker, eine Spezies Zugvögel. Sie verstreuen sich in die Berge wie eben die Zugvögel im Herbst ... Dazu eine Menge Dienerschaft und sechs Dutzend Tiroler mit wirrem Haar, Apostelfiguren, die wie Furien durch die Korridore laufen. So ähnlich ist das Bild im Innern dieses säkularisierten Klosters.   ...
Der russische Hof war in Kreuth, ein Haus oder Häuschen, eine Meile von Tegernsee, das die Königin-Witwe für die Milchkur der Kaiserin von Rußland hatte herrichten lassen. Der Zar sei mit dem Herzog von Leuchtenberg auffallend freundlich gewesen und man munkle, daß er ihn mit seiner ältesten Tochter verheiraten wolle. Die Kaiserin-Witwe von Österreich: „adora nossa Ama e a Princezinha“. Beim Abschied habe es Ströme von Tränen gegeben...

Die Hochzeit fand am 1. Juli 1839 alten und am 14. Juli 1839 neuen Stils in Rußland statt.

Aus dem Buch: Die Herzen der Leuchtenberg von Adalbert Prinz von Bayern